Dienstag, 10. August 2010

"Nennt mich Ishmael."

Dieses Wochenende war es endlich wieder so weit! Meine angekündigte Karpfensession sollte steigen. Freitag Abend wurden zwei Stellen wie immer mit Hartmais, Hanf und einer Handvoll Frolic angefüttert.
Am Wasser war ich dann am Samstag Abend gegen 17:30 Uhr. Anfangs wollte ich nur mit zwei Ruten fischen, entschied mich vor Ort dann aber doch noch eine dritte Rute vor einem ausgedehntem Krautfeld mit Mais auszulegen.

Die anderen beiden Ruten kamen wie gewohnt nach rechts vor ein Seerosenfeld und nach links zwischen zwei andere Seerosenfelder. Beködert wurde die rechte Rute mit einem Frolic-Hanf-Boilie als Pop-Up und die linke ebenfalls mit einem Frolic-Hanf-Boilie. Ich entschied mich dieses Mal allerdings für einen Taktikwechsel gegenüber den letzten Ansitzen. Ich verwendete größere Freilaufrollen mit stärkerer Geflochtener. Des Weiteren verwendete ich eine monofile 0,45er Schlagschnur zwischen Vorfach und Hauptschnur. An einer Rute wurde ein Helikopter-Rig montiert, an der anderen ein normales Anti-Tangle-Blei. Nach dem Ausbringen der Ruten wurde noch einmal ordentlich gefüttert. Dann begann das Warten!

Gegen 18:30 Uhr gesellte sich ein Angelkollege zu mir und wir unterhielten uns ein wenig und fachsimpelten. Gegen 19:00 Uhr wurde unsere Unterhaltung vom Piepen eines Bissanzeigers unterbrochen. Ein Fisch hatte den Boilie am Helikopter-Rig genommen. Ich eilte so schnell es ging zur Rute und setzte den Anhieb. Der saß! Der Fisch ließ sich nicht bremsen, nahm unaufhörlich Schnur von der Rolle und marschierte quer über den Teich durch die Seerosen bis ins Schilf.

Dort setzte sich der Fisch fest. In der Hoffnung, er würde sich vielleicht frei schwimmen, hielt ich die Schnur auf Spannung und regelte die Bremse nach. Nach zehn Minuten machte ich Druck und merkte noch einen gewaltigen Kopfschlag des Fisches. Nach weiteren zehn Minuten war nichts mehr zu merken. Ich beschloss die Schnur zu sprengen. Der Schlagschnurknoten löste sich und gab die monofile Schlagschnur frei. Allerdings hatte ich das ungute Gefühl, der Fisch könnte noch im Schilf festsitzen. Also rief ich den Wathosen-Notdienst (meinen Vater) und konnte mich wenig später auf den Weg in Richtung Fisch machen. Zum Glück war von meinem Widersacher nichts mehr im Schilf zu sehen. Ich fand zwar noch meine Schlagschnur und das Blei, jedoch ohne Vorfach.

Wieder zurück an meinem Angelplatz montierte ich ein neues Vorfach und legte die Rute neu aus. Auch wenn ich diesen Angeltag innerlich schon als Blank abgeschlossen hatte, beschloss ich noch eine Weile zu bleiben. Noch einmal Futter ausgebracht und weiter warten. Über 2 1/2 Stunden tat sich nichts, abgesehen von ein paar Fehlbissen an der Mais-Rute, wohl ausgelöst durch Schnurschwimmer. Nach einer weiteren Handvoll Mais an die Stelle legten sich diese.

Endlich: Ich hab' ihn! Fotos (3): Privat
22:12! Ich sah auf die Uhr und beschloss um 22:30 wohl als Schneider einzupacken. Ich wollte schon die ersten Sachen zusammensuchen, als der Bissanzeiger der rechten Rute aufschrie. Der Biss war so heftig, dass ein Ruck den ganzen Rutenständer durchfuhr und beide Bissanzeiger leuchteten. Anfangs konnte ich in der Dunkelheit gar nicht genau erkennen, an welcher Rute der Biss erfolgt war. Doch eine sich deutlich biegende Rutenspitze verriet mir sofort, woher der Alarm kam. Ich griff die Rute und setzte den Anhieb. Auch der saß! Und auch der floh sofort in die Seerosen, doch ich konnte ihn schnell ins offene Wasser lenken. Wie selbstverständlich drillte ich den Fisch, ohne zu ahnen wer mein Gegenspieler war. Nach einer viertel Stunde versuchte ich das erste Mal, den Fisch zu keschern. Erfolglos!

Es startete eine weitere heftige Flucht. Ich ließ die butterweich eingestellte Bremse für mich arbeiten und regulierte ab und zu mit dem Finger an der Spule nach, je nach dem wie heftig die Flucht des Fisches war. Mittlerweile stand ich bis zum Knie im Wasser, um besser drillen zu können. Auch weitere Landungsversuche scheiterten. Es war unglaublich was für eine Kraft und Ausdauer dieser Fisch besaß. Dummerweise hatte ich meine Stirnlampe vergessen. Es war mir nicht möglich auch nur annähernd zu erkennen, mit wem ich da kämpfte. Im Schein der Straßenlaternen war mal eine Flosse oder der Rücken des Fisches zu erkennen. Irgendwann stieg ich wieder aus dem Wasser, suchte mein Handy und rief erstmal meine Freundin an und gab ihr Anweisung, mir trockene Sachen, eine Taschenlampe und eine Kamera vorbei zu bringen. Der Drill dauerte bereits über 45 Minuten. Nach 15 Minuten traf sie ein und ich stand inzwischen bis zur Hüfte im Wasser. Sie holte erst einmal die anderen beiden Ruten ein, um einen Doppeldrill zu vermeiden.

Auch nach einer Stunde hatte dieser Fisch noch immer so viel Kraft, dass er mir immer wieder Meter um Meter hart erkämpfte Schnur von der Rolle zog. Ich sah nur wie sich der Schlagschnurknoten immer wieder auf mich zu und von mir weg bewegte. Das ganze spielte sich direkt vor meinen Füßen ab. Ich machte mir Gedanken was ich da wohl am Haken hatte. Vielleicht ein großer Spiegler, oder doch ein Amur!? Die gewaltigen Kopfstöße und die stetigen Fluchten in Richtung Grund waren eher untypisch für einen Graskarpfen. Eine gute halbe Stunde später, schien mir der Zeitpunkt endlich günstig, unseren Kampf zu beenden. Die Bremse war schon sehr hart eingestellt und der Fisch nahm immer weniger Schnur von der Rolle.

Da mein Kescher für diesen Fisch offensichlich zu klein war, musste ich ihn per Hand landen. Ich umgriff den Fisch mit beiden Händen von unten und trug ihn an Land. Es war ein gewaltiger Amurkarpfen! Am Ufer wurde er versorgt, der Haken gelöst und der Fisch gewogen. Der Zeiger der Waage blieb bei genau 30 Pfund stehen! Leider hat sich der Fisch an Land an den Kiemen verletzt und blutete etwas. Da die Blutung nach dem Wiegen aufgehört hatte, setzte ich den Fisch wieder schonend zurück in sein Element. Ich nahm ihn wieder in die Arme und stieg ins Wasser. Sanft setzte ich ihn ab und kontrollierte, ob er noch atmete. Dem war so und er schlug mit dem Schwanz. Also ließ ich ihn schwimmen. Doch seine Kraft reichte immer noch nicht aus und ich hielt ihn noch ein wenig. Dann konnte der Amur endlich wieder in die Freiheit schwimmen. 

Ich packte, völlig durchnässt, meine Sachen zusammen und machte mich zufrieden, mit einer Rechnung weniger, auf den Heimweg.

Da mir mein Gewissen allerdings keine Ruhe ließ, fuhr ich Sonntag Morgen noch einmal ans Wasser, um sicher zu gehen, dass mein Moby Dick es auch geschafft hat. Weit und breit war nichts zu sehen. Offensichtlich hatte der zähe Bursche all die Anstrengungen gut überstanden. Vielleicht sehen wir uns ja mal wieder!


Tight Lines
Der Angler